Die Corona-Pandemie hat die Art, wie wir das Büro als Arbeitsplatz betrachten, grundlegend verändert. In der Post-Covid-Arbeitswelt müssen Finanzierer ebenso wie Projektentwickler umdenken – und auf neue Konzepte setzen.
Büro und Gewerbe stehen im Jahr 2022 vor großen Herausforderungen. Die Corona-Pandemie – die zwar noch nicht vorbei ist, aber schon lange nicht mehr die Schlagzeilen beherrscht – hat gezeigt, welche altgedienten Konzepte der Arbeitswelt nicht mehr zeitgemäß sind. Die Notwendigkeit zum Homeoffice ist zum Trend zum Homeoffice geworden: Einer Umfrage des ifo Instituts zufolge arbeitete im September 2022 fast ein Viertel der berufstätigen Menschen in Deutschland weiterhin regelmäßig von zu Hause aus – fast genauso viele wie noch im April. Und das, obwohl die gesetzliche Pflicht zum Angebot von Homeoffice durch den Arbeitgeber Ende März ausgelaufen war.
Werden in Zukunft also weniger Büroflächen gebraucht als bisher? Zu einem solchen Schluss wäre zu den Hochphasen der Pandemie möglicherweise der ein oder andere Projektentwickler gekommen. Denn die Neuvermietungszahlen in den deutschen Metropolen waren 2020 zurückgegangen und die Märkte hatten sich auch 2021 noch nicht vom Corona-Schock erholt. Doch in diesem Jahr stellt sich die Situation schon wieder ganz anders dar. Der Berliner Büromarkt etwa lag gemäß Zahlen von BNP Paribas im ersten Halbjahr 2022 mit einem Flächenumsatz von 364.000 Quadratmetern rund acht Prozent über dem Vorjahresergebnis und konnte das langjährige Mittel um fünf Prozent übertreffen. Mehr noch: Der Jahresverlauf hat sich den Angaben zufolge mit Flächenumsätzen von 185.000 Quadratmetern im ersten Quartal 2022 und 179.000 Quadratmetern im zweiten Quartal 2022 als äußerst konstant erwiesen.
Das zeigt: Das Büro für tot zu erklären, wäre zumindest verfrüht. Doch das Konzept befindet sich in einem Wandlungsprozess. Das Büro wird vom schlichten Arbeitsplatz immer mehr zu einem Versammlungsort, einem Ort der Zusammenkunft. Größere Co-Working-Anbieter, die schon seit Jahren frische Impulse setzen, legen ihre Planungen so an, dass mehr als die Hälfte ihrer Flächen für die gemeinschaftliche Nutzung zur Verfügung steht. Foren, Lounges, Meeting-Places, Sitzecken und Bewegungsflächen prägen moderne Bürolandschaften. Dieser Trend wird sich in den kommenden Jahren nochmals verstärken.
Warum das so ist, zeigt ein Blick auf die Nutzer – also die Unternehmen, welche die Büroflächen anmieten. Das Büro ist für das Unternehmen inzwischen das Herz der eigenen Unternehmenskultur geworden. Im Stillen arbeiten – das kann man mittlerweile dank des digitalen Fortschritts von fast überall. An der gemeinsamen Arbeits- und Unternehmenskultur kann man allerdings nur dann teilhaben, wenn man regelmäßig vor Ort ist, sich mit den Kolleginnen und Kollegen austauscht und die Büroatmosphäre auf sich wirken lässt. Das ist allein durch Videokonferenzen nicht zu ersetzen.
Das bringt eine radikale Veränderung der Ansprüche an Büroflächen mit sich. Wer heute Büros rund um einen langen, trostlosen Gang plant, von dem einzelne Zellen zu beiden Seiten abzweigen, wird nur schwer einen Abnehmer finden. Denn Unternehmen wollen in Zukunft nicht nur möglichst günstige Büroflächen in möglichst guter Lage. Sie wollen auch Räume, die genau auf die Ansprüche und Bedürfnisse ihrer Mitarbeiter zurechtgeschnitten sind. Berufstätige kommen heutzutage nicht mehr ins Büro, um an einem Computer zu sitzen. Es ist klar, wohin die Reise geht: Ein gutes Büro ist kein reiner Arbeitsplatz, sondern ein lebender, atmender Raum, ein essenzieller Bestandteil der Unternehmenskultur.